„Die Spinnerin“ – Eine Bildanalyse Entstehungsgeschichte und Bildbeschreibung sowie Provenienz und Einordnung des Gemäldes in Leibls Spätwerk

Realistische Malerei in Deutschland brauchte sich hinter der französischen Malerei nicht zu verstecken. Ein wichtiger Vertreter der Kunst war Wilhelm Leibl. Der gebürtige Kölner verstarb 1900 in Würzburg. Sein Werk hinterließ er der Nachwelt. Auch im Leipziger Museum der bildenden Künste sind einige Bilder von ihm zu sehen. So auch „Die Spinnerin“ von 1892. Eine Hausarbeit für das Institut für Kunstgeschichte war der textliche Ausflug allemal wert. Das ist genau zehn Jahre her – eingereicht am 3. Juli 2003.

„Die Spinnerin“ wird bei Kunsthistorikern, die sich mit dem deutschen Realismus beschäftigen, als Wendepunkt im Schaffen Wilhelm Leibls angesehen. Das querformatige Ölgemälde, auch „In der Spinnstube“ betitelt, wurde 1892 fertiggestellt, womöglich noch vor Leibls Umzug von Aibling nach Kutterling in Bayern, und besitzt die Maße 65 x 74 cm. Momentan befindet es sich im Besitz des Museums der bildenden Künste in Leipzig  wo es auch zu sehen ist. Das Genrebild wurde schon vor seiner Fertigstellung durch die Vermittlung des österreichischen Künstlers Fritz Schiders (1846-1907) von dem Kunstmäzen L. Laroche–Ringwald in Basel erworben. Emil Waldmann, der 1914 eine umfangreiche Monographie über Leibl verfasste, erwähnte den Vorgang.

Im Jahre 1910 wurde das Interieurgemälde vom Leipziger Museum der bildenden Künste aus der Kunsthandlung von dem Galeristen Eduard Schulte (1817-1890), Berlin erworben, u.a. mit Geldmitteln der Theobald Petschke Stiftung. Doch soll es um 1894/ 1895 im Besitz von Ernst Seeger (gemeint ist sicher nicht der Nationalsozialist Ernst Seeger, der von 1884 bis 1937 lebte und ein Filmbeamter im Dritten Reich war) gewesen sein. Gemeinsam mit den weiteren Gemälden „Der Zeitungsleser“, „Bauernjägers Einkehr“, und den darauffolgenden Küchenbildern, bilden diese Bilder einen Themenkreis, der sich mit der Schilderung des oberbayerischen Dorfmilieus und Darstellung des arbeitenden Menschen intensiv beschäftigt. Insbesondere die arbeitende Frau ist das große Thema in der Altersphase von Leibl.

Der, von Wilhelm Leibl favorisierte, Malstil des Realismus wurde von ihm in höchster Perfektion betrieben. Das Gemälde „Die Spinnerin“ ist, nach einer glücklosen Werkperiode, in der Presse und von dem Publikum nahezu euphorisch aufgenommen worden, was nicht zuletzt an der Tatsache liegt, dass Leibl hier die altmeisterliche Malerei mit impressionistischen Zügen versah. Die Figurenkomposition, die Innenraumperspektive, die verhaltene Farbigkeit erinnern an die niederländische Genremalerei des 17. Jahrhunderts.

Die Kompositionsmittel und die Perspektive in „Die Spinnerin“

Den Pinselduktus führte der Künstler frei aus. Anders als bei seinen früheren Werken. In der Kunstbetrachtung wird das als ein Weggang Leibls von seiner Feinmalerei beschrieben – er arbeitete von nun an gröber. Es ist anzunehmen, dass, wie es bei Karl Römpler heißt; „[…] zu diesem neuen Aufschwung in der Produktion des Malers […] die verbesserten äußeren Lebensumstände beigetragen haben. […], der Kommerzienrat Seeger,[…], sicherte sich die ganze Produktion des Malers[…].“

Die Stofflichkeit, die die Personen und die Gegenstände so realistisch aussehen lassen, ist das herausragende Merkmal des Realismus und Naturalismus, wissen Scharen an Kunsthistorikern aus den Lehrbüchern zu zitieren. Selbst die Räumlichkeit und die, in dem Gemälde abgebildeten, beiden Bäuerinnen waren während der Bildentstehung real existent. Hierfür sollen die alte Tumin, im Bildvordergrund im Profil dargestellt, und die junge Kögel–Marie, im Bildhintergrund frontal aber mit gesenktem Kopf, Modell gesessen haben. Namen, die einem schon die bayrische Alm bildlich vorm geistigen Auge erscheinen lassen.

Der Raum war auch Bildgegenstand für zwei weitere Gemälde – „Der Zeitungsleser“ und „Bauernjägers Einkehr“. Anders als ein  impressionistischer Künstler, der das zufällige Ereignis wiedergibt und den Moment durch das Einfangen und Festhalten von Licht einfriert, komponiert Leibl die Personen im Raum. Das macht er raffiniert. Selbst die Raumperspektive ist im Moment nicht augenscheinlich. Sie wird unterschwellig von den Gegenständen im Bildraum unterstützt.

Doch was nimmt der Betrachter zuerst wahr? Er scheint dieses Bild kaum zu bemerken. Die Farbigkeit ist stark verhalten und abgedunkelt. Das Bild wird von Ocker –und Brauntönen beherrscht. Die Farbwerte werden nur vereinzelt unterbrochen, durch das warme Rot – welches den Bildraum, trotz des sparsamen Einsatzes zu dominieren scheint – der Bluse von der alten Frau im Bildvordergrund. Sie verharrt in der Würde und Gelassenheit des hohen Lebensalters und wendet sich vom Bildbetrachter ab, weil sie in der Profildarstellung abgebildet ist und tief in ihrer Arbeit konzentriert scheint. Sie wird, dem Bildtitel gemäß, als Spinnerin gezeigt. Das Flachs am Spinnrad bildet mit dem zarten Gelb den oberen Farbpunkt im Bildraum. Ein weiß gepunktetes dunkelblaues Tuch befindet sich am rechten Bildrand, auf einem Hocker ausgebreitet. So verdichten sich die drei Farben zu einem unregelmäßigen Dreieck, das den Blick des Betrachters führen lässt.

Die Hauptperson des Gemäldes wird in das Bildformat geschickt eingefügt, denn der untere Rockzipfel der alten Bäuerin scheint durch den unteren Bildrand abgeschnitten. Der Künstler bedient durch diesen Kunstgriff die Illusion, dass der Betrachter direkt in das Geschehen blicken kann, als ob sich das Gemälde selbst um ein Fenster handeln würde. Diese Illusion wird durch den ebenfalls abgeschnittenen Flachsballen oben, der Fensterfront im Bildhintergrund, den Tisch im mittleren Teil des Bildes und den Schemel an dem rechten Bildrand erreicht. Da der Künstler diese altmeisterliche Technik verwendet, die auch Holbein und den niederländischen Genremalern bekannt war, kann er den Raum in seinem realistischen Volumen nachempfinden lassen und umgibt die Figuren  mit Atmosphäre.

Mit Hilfe der Raumflucht, die anhand der Ausrichtung der Dielen gut zur erkennen ist, unterstützt Leibl die Räumlichkeit. Die Linien würden  sich allesamt an einem Fluchtpunkt, der nicht zentral im Gemälde liegt, sondern stark am linken Bildrand anzusiedeln ist, treffen. Es scheint, als würde sich die Horizontlinie in Augenhöhe der alten Tumin befinden. Diese Horizontale würde das Gemälde in ein oberes Drittel und in zwei untere Drittel teilen. Man erkennt die gedachte Horizontale, wenn man sich an den Fensterbänken im Hintergrund orientiert.

Die Aufsicht auf die linke Bank ist schwerer möglich als auf der rechten Bank. Das kann heißen; die Horizontlinie befindet sich über den Fensterbänken. Da jedoch die Aufsicht der beiden Fensterbänke unterschiedlich ist, wird man auf eine zweite Raumflucht aufmerksam gemacht, die von dem Künstler  gekonnt gelöst worden ist. Hier würde sich der Fluchtpunkt rechts außerhalb des Gemäldes befinden. Da die Fensterwand im Hintergrund leicht verkürzt dargestellt wurde, erscheinen uns die beiden Fensterbänke in unterschiedlichen Aufsichten.

Unterstützt wird die zweite Raumflucht mittels des, sich links hinter der Tumin angeordneten, Tisches, der ebenfalls nach rechts leicht verkürzt erscheint. Die erste Raumflucht bewirkt eine starke Verkürzung des Tisches. Die zweite Raumflucht wird außerdem durch die leicht verkürzte Bank im Hintergrund erkennbar, wo man ebenfalls die starke Verkürzung der ersten Raumflucht bemerkt. An dem Schrank, der sich an der rechten, sich stark verkürzenden, Wand befindet, wird man sehr deutlich das Zusammenspiel von der Horizontlinie und den beiden  Raumfluchten  bemerken, denn der Schrank hat eine Ansicht von unten her, was man gut am oberen Teil des Möbels sieht. Auch hat dieser Schrank eine Ansicht von oben, die gut am unteren Teil sichtbar ist. Er wird gemäß der ersten Raumflucht sehr stark, und diametral dazu, wegen der  zweiten Raumflucht, sehr schwach verkürzt.

Durch eine weitere, umgekehrte, Dreieckskomposition wird die Blickführung von dem Flachsballen über den Spinnrocken zu dem unteren Bildrand geleitet, wo man von dort aus über den Faltenwurf des bäuerlichen Kleides – das zugleich einen rötlichen Schimmer in sich trägt und das grelle Rot der Bluse der Tumin auffängt und davon ablenkt – und der rechten Elle der Frau über den Spinnfaden zu dem Flachsballen zurück gelangt. Verstärkt wird diese Szenerie mit der häkelnden Kögel–Marie.

Darüberhinaus gestaltete Leibl diese Szene so, dass sich der eben genannte Sachverhalt um die Bildmitte verdichtet. Die Bildmitte wird als Kompositionsmittel, zur Teilung des Gemäldes in linke und rechte Bildhälfte, nur andeutet. Mit diesem perspektivischen  und kompositorischen Können, gelingt es dem Künstler, dass dem Betrachter die perfekte Raumillusion zuteil wird. Auch wird der Augenpunkt, wegen der gewohnten Blickgewohnheit der Zentralperspektive, von der Bildmitte  abgelenkt. Dennoch verdichtet sich der Raum zwischen der Profildarstellung der Tumin, der abgewandten Brustdarstellung der Kögel–Marie und dem Flachsballen. Mit Hilfe dieser Komposition  und der Lösung der Linearperspektive gelingt es dem Meister den Blick über das Ensemble streifen zu lassen, damit das so unscheinbare Gemälde für den Betrachter interessant bleibt.

Ein weiterer linearer Gestaltungsaspekt bezieht sich auf das Zusammenspiel der Vertikalen und den Horizontalen im Bild. Die Betonung der Vertikalen, durch die aufrecht sitzende Bäuerin im Vordergrund, den Fensterleibungen, das Gemälde und das Mädchen  im Hintergrund und den Schrank, wird mit horizontal angeordneten Elementen im Raum aufgebrochen; die Fensterbänke unterhalb der Horizontlinie, der Tisch im Mittelgrund und der verkürzte Schrank, dessen Frontansicht von der Horizontlinie abweicht, sie aber leicht unterstützt.

Die Frage nach der Lichtwertigkeit und  Stofflichkeit der Bildgegenstände

In diesem Abschnitt soll nicht nur auf den Lichteinfall und die Lichtquellen eingegangen werden. Möglicherweise kann man den Begriff ´Lichtwertigkeit` auch auf die Farbwertigkeit beziehen, um die Stofflichkeit der Möbel und die abgebildeten Personen besser zu ergründen. Es wird an dieser Stelle auch versucht, die Maltechnik näher zu erörtern, und gefragt, inwiefern der Künstler die skizzenhafte Malweise in dem vollendeten Gemälde erhalten konnte.

Zunächst muss man die Frage klären, wie der Künstler den Lichteinfall im Gemälde inszeniert. Trotz der dunklen, dämmerigen Zurückhaltung, die in diesem Bild vorherrscht, kann der Betrachter zwei Lichtquellen bemerken. Es gibt eine direkte Lichtquelle, die man an dem starken Licht, welches durch die beiden Fenster flutet, erkennen kann. Da der Künstler einen Raum realistisch nachempfindet, wird er ebenfalls den realen Lichteinfall der Sonne für sein Gemälde genutzt haben.

Die Verhältnismäßigkeit des Lichtes wird auch technisch gelöst, in dem er an der dunkelsten Stelle des Raumes – die linke Bildecke hinter der Tumin – das Licht kräftig erstrahlen lässt, welches durch das Weiss der Gardine  verstärkt wird. Das Licht wird gleichzeitig durch die Gardine daran gehindert, sich tiefer in den Raum auszubreiten. Hier kommt die zweite, indirekte, Lichtquelle hinzu, welche sich außerhalb des Bildraumes befindet und für den Betrachter unsichtbar bleibt.

Anhand des Gemäldes „Bauernjägers Einkehr“ (Abb. 3) kann der Betrachter vergleichen und feststellen, dass der Lichteinfall durch ein Fenster erfolgt. Nur der Widerschein des Lichtes wird in den gemalten Stoffen gesehen; beispielsweise an den unterschiedlichen Glanzwerten der Stuhloberfläche und der Dielen, dem kräftigen Rot der Bluse und dem glänzenden Schimmer der Haut in dem Gesicht und der rechten Hand der alten Bäuerin. Leibl lässt dadurch die stofflichen Merkmale, die reellen Materialien, nachempfinden.

Der Dielenfußboden ist – im Gegensatz zu dem Stuhl, der uns klar lackiert erscheint – matt und weist eine unterschiedliche Farbigkeit im Raum auf. An der Stelle der Tumin wird ein leichter rötlicher Ton sichtbar, der mit dem Rot der Bluse, dem rotbraunen Schimmer des Kleides und des Schrankes harmoniert. Einen grünlich -weißen Schimmer hat der Fußboden, der sich zwischen der Tumin und dem Schrank erstreckt. Hervorgerufen wird dieser Eindruck durch das unverhangene Fenster, durch dem das Licht in seiner Natürlichkeit in den Raum einströmt. Die abgestuften Weisstöne an den Wänden im Bildhintergrund lassen die rechte, obere Bildecke heller erscheinen. Vielleicht wird auch hier die Differenziertheit des Lichteinfalls von Leibl dazu genutzt, den Raum aufzuteilen. Er schafft miteinander harmonisierende Farbinseln, die das Rot der Bluse aufgreifen; Schrank, Kleid der Tumin und der Fußboden in der linken Bildecke.

Wilhelm Leibl lag es offenbar nahe, die Materialität der Bildgegenstände in ihrem Verhalten zu den Lichtquellen realistisch wiederzugeben. Der kompositorische Zweck der unterschiedlichen Farbwerte ist wichtig, doch wichtig für den Künstler war es auch, die Stofflichkeit, so realistisch wie es nur ging, nachzuahmen. Ohne Zweifel dominiert das stofflich nachempfundene Holz und dessen Oberflächenbeschaffenheit, die unterschiedliche Holzarten  zur Frage stellen. Da im ländlichen, oberbayerischen Raum, Waldgegenden und Agrargebiete gleichermaßen vertreten waren und sind, und weil die Dorfbevölkerung sich kein teuer importiertes Holz leisten konnte, bleibt es spekulativ welche Holzarten verwendet wurden. Es wurden sicherlich regionale, heimische Hölzer für die Möbelherstellung benutzt, wie Kiefer, Buche, Eiche, Nuss und Kirsche.

Die weiße Oberflächenbeschaffenheit der Wände unterscheidet sich klar von der weiß durchscheinenden Gardine in der linken, hinteren Bildecke, weil in der Realität sich diese beiden Materialien physisch ebenfalls unterscheiden. Das Glasgeschirr auf dem Tisch, links hinter der Tumin und der Bierkrug auf dem Schranksockel bleiben anekdotisch, was ihre Präsenz betrifft. Der Künstler zeigt uns die Eigenschaft des Glases an diesen geleerten Gegenständen anhand der Spiegelung des Lichtes. Doch Glas ist auch durchsichtig, wie man es an den Fensterscheiben des rechten Fensters noch erkennen kann, obwohl es nahezu vollständig von dem Flachsballen verdeckt wird. Der Ausblick auf die angedeutete Landschaft bleibt dem Betrachter verwehrt.

Unbestritten kann man, nicht nur an diesem Gemälde, die Vorliebe Wilhelm Leibls für die Wiedergabe der Stofflichkeit erkennen. Die Detailfreude, mit der er sich damit auseinandersetzt, wirkt weder überzogen, noch oberflächlich. Manchmal kann der Betrachter sich versucht fühlen, Interpretationsansätze, anhand der einzelnen Bildgegenstände und deren Zusammenspiel mit den Kompositionsmitteln, zu finden und zu erörtern. Über den Sinn der Ausstattung  und der Kompositionsmittel in dem Gemälde hinterließ uns der Künstler keine niedergeschriebene Antworten.  Damit wäre jede Interpretation nur spekulativ. Mit Sicherheit war es auch nicht die Absicht des Künstlers die Betrachter mit Interpretationsansätzen und Anekdoten zu strapazieren, oder zu unterhalten. Sein Publikum suchte er in demselben Milieu, worin er sich seit den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts befand. Die Frage der Maltechnik und der Kompositionsmittel war ihm zweifellos ebenso wichtig, wie der Inhalt; das Abbilden des einfachen bäuerlichen Lebens, das im ausgehenden 19. Jahrhundert genauso schlicht ausfiel wie im 16. Jahrhundert.

Die intensive Auseinandersetzung Leibls mit der Stofflichkeit mag mit der Wahl seiner Maltechnik  einher gehen. Als er die Meisterklasse des Münchener Historienmalers Piloty besuchte, eignete er sich eine Technik des Skizzierens an, die an die `italienischen Barock-Bozzetti` [Bozzetto; ital.; erster künstlerischer Entwurf] erinnert].

Er fertigte Untermalungen mit Tusche an, um die Licht -und Schattenwerte zu erzielen. Darauf erhöhte er in einer Lasurtechnik die einzelnen Körperpartien. Nach seinem Parisaufenthalt schien er völlig unbeeindruckt von dem skizzenhaften Malstil der französischen Realisten Courbet und Millet gewesen zu sein, denn seine vollendeten Gemälde machen die Unterordnung der Pinselstruktur zugunsten des dargestellten Objektes deutlich. Hierbei war die Maloberfläche soweit geglättet, dass sie ein emailartiges Aussehen bekommt.

Erst später kann man einen Wechsel von der Feinmalerei zu dem realistischen, skizzenhaften Stil erkennen. Über die Frage der Maltechnik bei „Die Spinnerin“ ist anzunehmen, dass Leibl einen Weg gefunden hat, seinen Stil umzusetzen, der eine Mischung aus altmeisterliche Feinmalerei und moderner Nass-in-Nass-Technik sein könnte. Die Oberflächenbeschaffenheit der einzelnen Objekte in diesem Gemälde lassen die Vermutung zu, dass Leibl lasierte, nachdem er flüchtig und präzise die Untermalung anfertigte.

Die skizzenhafte Ausführung der Bildobjekte in dem vollendeten Gemälde könnte die Spekulation zulassen, dass Leibl das Gemälde in nur wenigen Arbeitsschritten und mit einigen Malschichten fertig stellte. Doch dieser Sachverhalt bleibt unklar. Er selbst verfasste kein theoretisches Zeugnis seiner Arbeitsweise. Man kann nur Vermutungen darüber anstellen, wie ein Gemälde von ihm entstand, wenn man sich eingehend mit den damals vorherrschenden Techniken auseinandersetzt.

Literaturverzeichnis

Czymmek, Götz/ Lenz, Christian (Hg.): Wilhelm Leibl zum 150.Geburtstag. Heidelberg 1994.

Gronau, Georg: Leibl. In: Künstler–Monographien  50. Bielefeld, Leipzig 1901.

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Langer, Alfred: Wilhelm Leibl. 2. überarb. Aufl. Leipzig 1977.

Luft, Peter: Die Bildnismalerei Wilhelm Leibls. Abhandlung zur Erlangung der Doktorwürde der Philosophischen Fakultät I der Universität Zürich. Brugg 1942.

Mayr, Julius: Wilhelm Leibl. Sein Leben und sein Schaffen. 4. veränd. Aufl. Berlin 1935.

Röhrl, Boris: Wilhelm Leibl. Leben und Werk. Hildesheim, Zürich, New York 1994.

Wilhelm Leibl.  Briefe mit historisch – kritischem Kommentar. Gesamtverzeichnis des schriftlichen Nachlasses. Ebenda 1996.

Römpler, Karl: Wilhelm Leibl. Dresden 1955.

Ruhmer, Eberhard: Der Leibl-Kreis und die Reine Malerei. Rosenheim 1984.

Waldmann, Emil: Wilhelm Leibl. Eine Darstellung seiner Kunst. Gesamtverzeichnis seiner Gemälde. Berlin 1914.

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